Und draussen ist es Sommer geworden und der Sommer vermisst mich
nicht.
Im allgemeinen sehnen sich die Jahreszeiten nie nach meiner Anwesenheit.
Es gibt kein Lächeln, kein Winken, es gibt nichtmal ein anerkennendes
Nicken in meine Richtung. Weder wäre es aus dem Schneefall herauszulesen
noch vernehme ich's im Herbstwind oder so.
Ich bleibe also dem Sommer weiterhin fern, was insgesamt auf größere
oder kleinere Gleichgewichte im Allgemeinen keine Auswirkungen hat. Auch
wenn ich's gerne annehmen würde, schon auch annehmen könnte, aber dieses
Bewusstsein, woher es auch kommt, es hat mich dahingehend angeschwärzt
und das Annehmen eines Gewichts meinerseits innerhalb eines größeren
Zusammenhangs verhindert. Wobei immer auch ein Gegenteil möglich wäre,
möglich sein muss, sagt das Bewusstsein hinterher und das macht mich
verrückt auf Dauer, soviel ist klar. Wohin im Gefüge des Großen und
Ganzen dessen Mini-Ausschnitt ich zur Zeit bewohne, ist eine Frage die
zu stellen immer lohnt. Sie führt hinab und hinauf; nach Metaphorika, es
ist das das Metaphernland der Metaphernländer. Opti und Pessi haben sich
hier kennengelernt, ganz in der Nähe, dort wo die Kalndersprüche
wohnen.
Hier schonmal die Zukunft vorneweg: ich wünsche eine fast grenzenlose
Welt, fast, ja sicher, denn auch unsere Erde wird auf Stein gebaut,
Meere, Wüsten, Laubwald, und Nadelgehölz. Zu differenzieren lohnt sich
immer, Nadelhölzer Nacktsamer, meistens Bäume, selten Sträucher, Fichte
Tanne Lärche. Lineare Längen der Sätze über ein gewisses Maß hinweg
machen die Anfänge vergessen. Forstlich wird auch die Ordnung
der Eibengewächse zu den Nadelhölzern gerechnet.
Ich bleibe weiter den Jahreszeiten fern, sitze drinnen am Schreibtisch
und die endlose Uhr der Jahresezeiten sie dreht sich um sich selber
vorwärts weiter. Hinab fährt sie die verschneiten Hügel. Sie hat Tee
eingepackt in eine rote Thermoskanne und einen Rucksack aufgesetzt,
Thermounterwäsche semipermeabel, die Skier unterm Arm hinauf auf den
Hügel und dann, hui ruft die Jahreszeitenuhr, wie verdient ist diese
Abfahrt. Im Frühling angekommen schön, was soll die Natur, was soll ich
jetzt damit, aber dies ist nicht meine Geschichte, ich blicke vom Wasser
auf und die Gräser blühen nur unweit vom Flussbett, es fließt schon sehr
viel Wasser den Bach hinab. Ans Schlafen denke ich jetzt und ans
Erwachen später. Währendessen das Wasser, immer geht es weiter auch ohne
mein Zutun. Nun: aber andererseits, flüstert's mir ins Ohr, könnte ich
doch einen Damm bauen und dann ein Wasserkraftwerk. Mit der Energie
könnte ich eine Fabrik betreiben, zum Beispiel eine Fabrik für Online
Werbungs Kommentare und in paar Jahren, aber noch vor dem Herbst werde
ich wohlhabend sein, reich sein und angesehen sein, flüsterts mir aus
dem System heraus und statt Gräser kauend am Fluss zu liegen kaue ich
irgendwas teures und woanders. Ein Erfolgsmodell werde ich dann sein,
ähnlich der Jahreszeitenuhr, die inzwischen den Sommer durchwandert. Es
ist sehr anstrengend für sie.
Und der kleine Fluss? Der ist jetzt leider doch ganz ausgetrocknet. Für
Immer.
Die Hitze, der Sommer, die Trägheit. Nichts fließt, nichts ist mehr im
Fluss, kein Wasser, keine Online Kommentare, kein CashFlow, der Fluss
fabrikmäßig ein Geldgrab nur noch und sonst nichts, die Fische sind
schon aus dem Staub, nach weiter runter ins Meer, kein Kiesel bewegt
sich mehr, hell-beiger Schlamm trocknet an die Kiesel an, die Zeit, es
scheint nur, aber sie steht nicht still und es wird Herbst, Zerfall
beginnt oder hat nie aufgehört, das Lächeln auf der Straße bleibt aus
und kürzer werden die Tage. Ich sehe es in den Augen in den Gesichtern,
meiner Mitreisenden in der Ubahn, im Herbst, erkennbar in den Frisuren,
in die Mützen gestrickt, rückgekoppelt in die Enge der Wohnungen
eingeschrieben, der Herbst als Vorbote für den Winter, den eigenen
Banalitäten ausgelieferter, der Kopf er denkt so viel und es scheint
keine Sonne, ist es das, geht es so, was wäre wie einzuordnen, was
bedeutet das alles, Herbstlaub und Regen, Grau, im Inneren der Menschen,
der Winter kommt, während ich von all dem nichts mitbekomme. Die
Jahreszeiten sie vermissen mich nicht. Und mir sind sie auch egal, ich
hab schließlich viel zu tun.
Auch in meinem Atelier ist es heiß oder kalt und Natur ist sowieso ein
Konstrukt. Es kommt keine Pizza zu mir geliefert, denn die Route ist zu
kompliziert. Fast nichts ist von hier aus machbar. Ich koche selber
Nudeln mit Tomatensoße. Viele tägliche Routinen bleiben unsichtbar in
den Kunstausstellungen. Warum sind Banalitäten so unerwünscht? Keine
Ahnung, Sind sie? Ja und nein. Metaphorische Wunder in Richtung
allgemeingültiger Aussagen werden vielleicht akzeptiert. Ich vermisse
sie aber, sie fehlen oft die Banalitäten, sie wären mir wichtig, aber
wer verfolgt schon die Spur der Wichtigkeit?
5 Millionen Clicks für mich. 6 Millionen Clicks für mich. 7 Millionen
Clicks für mich. Wäsche, Weinen, Emails schreiben. Im Internet sein.
Banales. 8 Millionen Clicks für mich. Verfolgt werden aber nur die
Spuren der Aufmerksamkeit. Auch Ich-Aussagen sollten allgemein gültig
sein habe ich gelesen.
So wie ein Anfängertanzkurs für Erwachsene denke ich bei mir – heiße und
stickige Räume, Styroporplatten an der Decke, die Farbe Ocker dominiert,
nur im Profibereich wird sie häufig mit Silber kombiniert, hier nicht,
hier hat niemand wirklich Spaß, aber alle machen es trotzdem, weil
irgendwie ja alten Traditionen folgend. Wiederholung macht die
meisterin, Aussagen müssen allgemein gültig sein, und alle folgen mit
einer allgemeinen Gleichgültigkeit. Und ich? Wonach suche ich? Nach
einer zusammenhängender Narration wohl nicht. Suche ich die Umarmung
durch die Leere? Bestimmt ja. Suche ich Zerstreuung? Kommentarlos zeigt
mir der Spiegel im Anfängererwachsenentanzkurs die Abwesenheit meines
Tanzpartners. Mit mir tanzt der Lehrkörper. Nur einmal coolsein denke
ich. Niemals! ruft eine Zimmerpalme ihrem Spiegelbild im Tanzstudio zu.
Sie träumt nicht von Kalifornien. Sie hat 10 Millionen Clicks.
Es ist 2018 und ich gehe deswegen ins Internet. Searching for the heartshakers moneymakers, acid-brokers, dealbreakers. Tired-beings sleep-fakers. Es ist 2018 und ich gehe deswegen sehr oft ins Internet. Es ist da. Es hilft mir oft. Wie ich hat es eine ungewisse Zukunft. Ich bin immer auf der Suche – deepweb bitcoin, youtube pornstar, sadgirl, und so weiter ein einfacher trick: abnehmen, phallisch verlängert werden oder reich. Vorteil sichern, besser jetzt als nie. Dünn sein lang sein reich sein. Warum eigentlich nicht alles?
Es ist Sommer, es ist heiß, im Atelier, ein simpler Ventilator soll
Abhilfe schaffen und er tut es tatsächlich. Der Ventilator ist also auf
keinen Fall Fake News. Er ist und dreht sich. Spürbare Auswirkungen
direkt hier auf meiner Haut. Der kühlende wahre tatsächliche Ventilator,
eine Maschine die mir Gesellschaft leistet. Nur so, aber unfreiwillig.
Er gehört mir nicht. Na gut denke ich.
Der Ventilator ist allgemein gültig.
Was will man mehr.
Stimmt.
Einiges.
Sommer vermisst mich nicht Performance Text / Text Text & Girlande OptiPessi 2018 |